Mit Vertrauen zur Spitzenleistung

Mit Vertrauen zur Spitzenleistung

Wie verwandelt man talentierte Athleten in Weltklasse-Performer? Dieser Artikel taucht tief in die Geheimnisse der Entwicklungspsychologie ein. Wir zeigen, wie ein fundiertes Verständnis der Entwicklungsstufen nach Erik H. Erikson die Beziehung zwischen Trainern und Athleten revolutionieren kann. Entdecke, wie Du eine starke, vertrauensvolle Bindung aufbauen, die psychische Gesundheit verbessern und die Leistung auf ein neues Niveau heben kannst. Dies, indem Du individuelle Bedürfnisse erkennst und gezielt darauf eingehst. Dieser Artikel ist ein Muss für Trainer, die nicht nur Erfolge feiern, sondern auch als Mentoren im persönlichen und sportlichen Wachstum ihrer Schützlinge glänzen wollen.

Nach dem Finalspiel der Fussball-WM 1990 zwischen Deutschland und Argentinien blieb ein Moment in Erinnerung: Während die Spieler der deutschen Fussball-Mannschaft ihren Triumph feierten, ging Teamchef Franz Beckenbauer gedankenversunken über das Spielfeld. Als man ihn darauf ansprach, äusserte sich Beckenbauer mit seinem typischen Humor: „Ich wollte allein sein. Schliesslich war ich sechs Wochen lang mit schwer erziehbaren Menschen zusammen.“ (vgl. Welt, 2024)

Mit diesen humorvollen Worten spricht Franz Beckenbauer einen nahe liegenden, aber oftmals nicht beachteten Aspekt für eine erfolgreiche Trainer-Athleten-Beziehung an: Hinter allen Athleten steckt ein Mensch in seiner eigenen Lebensphase, mit seiner einzigartigen Persönlichkeit, Bedürfnissen und individuellen sportlichen Fähigkeiten.

Ein Beispiel: Besonders Jugendliche zwischen dem 13. und 20. Lebensjahr befinden sich in einer Lebensphase, in der sie – neben dem Sport – nach persönlicher Orientierung und Identität suchen. Zudem bringen sie eine Mischung aus Energie, Enthusiasmus und manchmal auch Ungeduld mit sich. Dies sind alles menschliche Facetten, die Trainer mit Blick auf ein sportliches Ziel berücksichtigen müssen.

In diesem Artikel erfährst Du mehr über die Entwicklungsstufen, in denen sich Deine Athleten befinden (vgl. Scheck, 2014). Im Anschluss erläutern wir, welchen Einfluss diese Kenntnisse auf die psychische Gesundheit Deiner Athleten haben und wie sie ihre Leistung positiv beeinflussen.

Damit wirst Du:

  • Deine Athleten gemäss ihrem Alter in ihren Bedürfnissen und Befindlichkeiten besser abholen
  • mit ihnen eine vertrauensvolle und harmonische Zusammenarbeit aufbauen – ohne das sportliche Ziel aus den Augen zu verlieren
  • ihre psychische Gesundheit fördern und ein Fundament für Höchstleistung setzen
  • Trainings besser planen und Potenziale ausschöpfen
  • Entlang persönlicher Werte Deiner Athleten coachen und trainieren

Um diese Punkte umzusetzen, geben wir Dir abschliessend in diesem Artikel wertvolle Praxis-Tipps. Damit baust Du einen guten und engen Dialog mit Deinen Athleten auf. So arbeitet ihr systematisch und zielbewusst am sportlichen Ziel.

Zunächst die 8 entwicklungspsychologischen Stufen und was in bestimmten Entwicklungsstufen wertvolles für Dich, als Trainer, zu berücksichtigen ist.

Die 8 Entwicklungsstufen des Menschen

Das Stufenmodell der Entwicklung des Entwicklungspsychologen Erik H. Eriksons ist in der Sportpsychologie ein bewährtes Modell (Darlin-Fisher, 2018; Lobinger et al., 2021). Es gliedert dabei die Entwicklung des Menschen in acht Stufen – beginnend mit dem 1. Lebensjahr bis zum späten Erwachsenenalter.

Stufe 1: Durch Interaktion zum Vertrauen (0-1 Jahr)

Im ersten Lebensjahr ist das Ziel, ein gesundes Verhältnis zwischen Vertrauen und Misstrauen zu entwickeln. Hierfür ist die Vermittlung von Sicherheit durch Interaktion und Fürsorge von den primären Bezugspersonen eines Kindes von zentraler Bedeutung. Dadurch erlebt das Kind eine Übereinstimmung zwischen den eigenen Bedürfnissen und der Umwelt.

Stufe 2: Spielerische Selbstständigkeit und Körperbewusstsein (2–3 Jahre)

Mit der zweiten Stufe kommt das Kind in eine aktive Rolle, mit dem Drang nach körperlicher Unabhängigkeit. Es erforscht sein Umfeld, möchte den neu entdeckten eigenen Willen umsetzen und sich selbstständig fühlen. Kinder lernen sowohl durch die Erfolge als auch durch die Misserfolge ihrer Selbstständigkeit und entwickeln dabei ein für den Sport wichtiges Körperbewusstsein. Sie erleben sich selbst als Urheber von Handlungen.

Ab dem dritten Lebensjahr erkennen Kinder erstmals ihr eigenes Handlungserlebnis, indem sie Freude oder Stolz nach Erfolgen und Enttäuschung oder Scham nach Misserfolgen erleben (vgl. Hänsel et al., 2016).

Stufe 3: Mit sportlicher Erkundung zur Eigeninitiative (4–5 Jahre)

Mit dem Älterwerden wollen Kinder zunehmend Eigeninitiative ergreifen und unabhängig von Bezugspersonen Entscheidungen treffen. Durch das Experimentieren mit der eigenen Entscheidungsfähigkeit beginnt sich in der 3. Phase ein Moralgefühl zu entwickeln, welches der Orientierung zwischen «richtig» und «falsch» dient.

Kinder in dieser Entwicklungsstufe an den Sport heranzuführen, wie es in den Biografien des Spitzensports immer wieder vorkommt, sollte einfühlsam und rücksichtsvoll stattfinden. Von aussen gesetzte Einflussfaktoren, wie von den Eltern ausgesuchte Sportarten, haben eine enorme Prägungskraft auf Kinder.

Dennoch können sie durch den Sport wichtige Erfahrungen machen, um ihre Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Sie lernen, sich ihren eigenen Weg zu bahnen, eigene Ziele zu verwirklichen und mit anderen zu konkurrieren. (vgl. Hänsel et al., 2016).

Stufe 4: Körperliche Kompetenz und Selbstwertgefühl (6-12 Jahre)

In dieser Stufe ist die grundsätzliche Bildung der kindlichen Leistungsmotivation in abgeschlossen. Kinder fangen an, sich selbstständig mit ihren Interessen auseinanderzusetzen. Sie möchten in ihren Interessen aktiv mitwirken und etwas Eigenes gestalten, indem sie etwas Nützliches und Gutes tun. So entdecken sie ihre eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen. Dadurch entsteht ein Gefühl des eigenen Werts, getreu dem Motto: „Ich bin wert, was ich erschaffe“.

Im Sport wird die realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten zum wichtigen Bestandteil für ihr leistungsorientiertes Handeln. Je niedriger der Selbstwert ist, desto seltener begibt sich ein Kind in Leistungssituationen. Lege daher viel Wert auf die Formulierung erreichbarer Aufgaben und Übungen. Und stärke die erfolgreiche Ausführung mit entsprechender Anerkennung, Lob und positivem Feedback. So entsteht ein gesundes und förderliches Vertrauen in die eigenen Kompetenzen und Leistungen.

Gib als Trainer Kindern in dieser Stufe zudem individuelle Aufmerksamkeit, insbesondere wenn ihre Leistung unter dem Durchschnitt liegt. Sei flexibel in deiner Trainingsgestaltung, um die unterschiedlichen Lernbedürfnisse und Persönlichkeiten der Kinder zu berücksichtigen. Lege den Fokus auf positive Verstärkung, indem du die Fortschritte der Kinder in Bezug auf ihre eigenen Ziele würdigst, anstatt Leistungen anhand von Vergleichen zu bewerten.

Stufe 5: Identitätsentwicklung und Rollenfindung (13–19 Jahre)

Mit der fünften Stufe beginnt das «Teenager-Alter». In dieser Phase formt sich bei den Jugendlichen ihr Selbstbild. Grundlagen hierfür sind ihr bisher gesammeltes Wissen über sich selbst und über ihre Umwelt.

Jugendliche streben in dieser Phase danach, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Sie gleichen sich dabei wiederholt mit den wahrgenommenen Erwartungen ihres Umfeldes ab. Themen können hierbei sein: Berufswunsch, Status, Familie oder Liebe. Zudem machen sie sich Gedanken darüber, welche Rolle sie in der Gesellschaft einnehmen. So z. B. Herkunft, Religion, Politik und Geschlechterrollen.

Der Sport und dessen jeweilige Kultur spielen in dieser Phase eine beachtliche Rolle. Und zur Orientierung in der Identitätsentwicklung dienen primär Vorbilder und Idole. Sei Dir bewusst, dass Du als Trainer in dieser Phase eine besonders wichtige Rolle einnimmst. Von Dir vorgelebte Werte und Verhaltensweisen wirken sich stark auf die Identitätsentwicklung und Rollenfindung aus.

Stufe 6: Enge Beziehungen und Teamarbeit im Sport (20–40 Jahre)

In dieser Stufe sind Solidarität, Beziehungen, soziale Integration sowie Nähe von zentraler Bedeutung. Dies hat zwei Gründe:

Identität stabilisieren: Zum einen schaffen enge Beziehungen zu anderen Menschen einen Zugang zu den eigenen innersten Gefühlen und Gedanken. Die Auseinandersetzung mit ihnen stabilisiert die Identitätsbildung. Das bezieht auch platonische Beziehungen ein. In diesen zeigt sich der Wunsch nach Intimität in Form von Solidarität, Hingabe und Treue zu einer Gruppe und somit beispielsweise auch einem Team.

Isolation vorbeugen: Zum anderen beugen intime Verbindungen dem Rückzug in die Isolation vor. Athleten in der 6. Entwicklungsstufe erreichen häufig ihren sportlichen Leistungshöhepunkt, da der Sport dabei im Alltag allgegenwärtig ist. Daher ist die Berücksichtigung eines ausgewogenen Soziallebens von zentraler Bedeutung und die soziale Integration der Athleten in dieser Phase immens wichtig.

Stufe 7: Gemeinschaftliches und persönliches Wachstum (40–65 Jahre)

Besonders im Leistungssport kann es spätestens in dieser Phase für Athleten zu grossen Veränderungen kommen. Der Ausstieg aus dem Leistungssport geht häufig mit einem drastischen Identitätswechsel, dem Verlust sozialer Netzwerke sowie fehlender Karriereambitionen einher (vgl. Voorheis et al., 2023). In dieser Umbruch-Phase ist die Unterstützung eines Coaches sehr nützlich.

Erwachsene in der siebten Phase verspüren in ihrer Persönlichkeitsentwicklung häufig eine Fürsorge für die Menschheit – Sie möchten sich für andere einsetzen und für eine bessere Zukunft sorgen. Erikson bezeichnet dies als «Generativität».

Der fürsorgliche Blick auf die nachfolgende Generation kann beispielsweise für neue sportliche Perspektiven genutzt werden. Hierfür bietet sich z. B. der Einstieg als Trainer in den Nachwuchssport als ein geeignetes Umfeld an.

Stufe 8: Reflexion und Lebensbilanz (65+ Jahre)

In der achten Phase des Modells wird eine Bilanz über das eigene Leben gezogen. Aufgabe in dieser Phase ist, das Glück des gelebten Lebens zu erkennen und einen Zustand der Zufriedenheit und des Einklangs mit sich selbst zu erreichen. Dies wird als «Ich-Integrität» bezeichnet.

Praxisbeispiele für Dich als Trainer

U16 (5. Stufe)
Deine U16-Mannschaft befindet sich gerade in der 5. Stufe und somit mitten in der Formung ihrer Identität. Du kannst dies in der Kommunikation gezielt berücksichtigen. Die Art und Weise, wie Du ihnen Feedback zu ihrer Leistung gibst, hat eine hohe Bedeutung, denn Spieler verwechseln in dieser Phase häufig Kritik an ihrer Leistung mit Kritik an ihrer Persönlichkeit (vgl. Bengtsson et al., 2023).

Jugendliche suchen in der 5. Entwicklungsstufe nach Vorbildern und Idolen. Es empfiehlt sich daher, als Coach gute Gewohnheiten vorzuleben und in das Training zu integrieren. So z. B., sich gemeinsam vor dem Training aufzuwärmen und zu dehnen, Übungen als Trainer mitzumachen und auch gemeinsam das Sport-Equipment vorzubereiten und gemeinsam aufzuräumen.

Athletinnen, 13-19 Jahre
Heranwachsende Athletinnen zwischen dem 13. und 19. Lebensjahr (5. Phase) können auf ihren monatlichen Zyklus mit Zurückhaltung, Schüchternheit oder Scham reagieren.

Hierbei bietet sich zum einen an, für ein geschütztes und verständnisvolles Umfeld zu sorgen und neben dem sportlichen Ziel die natürliche Entwicklung des Körpers anzuerkennen.

Zum anderen lassen sich Trainingseinheiten gezielter planen. Denn je nach Stand des monatlichen Zyklus ist das physische Verletzungsrisiko höher oder tiefer. Damit kann unnötigen Verletzungen vorgebeugt werden (vgl. Haas, 2023).

Athlet im Alter von 20–40 Jahren
Der frühe Rücktritt des deutschen Fussball-Weltmeisters von 2014, André Schürrle, überraschte Medien und Spielerkollegen. Das mit 29 Jahren. Er sprach offen darüber, dass er oft einsam gewesen sei und die Entscheidung zum Rücktritt in ihm lange reifte.

André Schürrle fällt mit seiner Geschichte in die 6. Entwicklungsstufe. In dieser sind enge Beziehungen, ein Wir-Gefühl, der Austausch über innerste Gefühle und Gedanken wichtig. Dies stabilisiert die eigene Identitätsentwicklung. Solche Stützpfeiler fand Schürrle in dieser Zeit seiner Laufbahn allerdings nicht vor. Im Gegenteil: Zu seiner Einsamkeit ergänzte er, dass es die Fussball-Branche nicht erlaube, Gefühle zu zeigen. Und zudem hob er hervor, dass man in diesem Business immer eine gewisse «Rolle» spielen müsse. (vgl. Allgäuer Zeitung, 2020).

Resumée
Das Berücksichtigen solcher Feinheiten hat unmittelbare Auswirkungen auf die Zusammenarbeit von Trainern und Athleten. Es ermöglicht Dir eine gezielte und individuelle Betreuung, die über den rein sportlichen Erfolg hinausgeht.

Es hat noch einen weiteren positiven Nebeneffekt, der in ein modernes und erfolgreiches Training einbezogen werden sollte: die Förderung der psychischen Gesundheit der Athleten. Dies sei im nächsten Abschnitt näher erläutert.

Psychische Gesundheit und Persönlichkeitsentwicklung im Sport

Das Verständnis der Entwicklungsphasen ist entscheidend, um Athleten genau dort zu unterstützen, wo sie stehen. So schaffst Du eine Umgebung, die nicht nur ihre mentale Gesundheit stärkt, sondern auch eine starke Basis für Spitzenleistungen legt.

Dies bestätigen zahlreiche Studien, die zeigen, dass eine gute psychische Gesundheit von Athleten eine Grundvoraussetzung für sportlichen Erfolg ist (vgl. Aoyagi et al., 2012; Brown & Arnold, 2019; Petitpas & Tinsley, 2014).

Diese Erkenntnis setzt einen starken Kontrast zum Vorgehen mancher Trainer, die körperlichen, verbalen und emotionalen Druck nutzen, um ihre Athleten zur besseren Leistung zu «pushen» (vgl. Stirling & Kerr, 2008).

Leider hält bis heute der Irrglauben, dass ein fürsorgliches Entwicklungsumfeld, welches frei von körperlicher und emotionaler Qual ist, nicht mit Spitzenleistungen einhergehen kann (vgl. McHenry et al., 2020).

Eine jüngere Umfrage der Swiss Olympics bestätigt dies, welche im Jahr 2021 durchgeführt wurde. In dieser Umfrage wurden 136 Nachwuchsathletinnen aus 22 Sportarten befragt, was für ihr Training und ihre Leistung persönlich am wichtigsten ist. Dabei gaben etwa die Hälfte «Vertrauensverhältnis zum Trainer» und/oder «Kommunikation zum Trainer» an. Sie wollen als Menschen und nicht als Maschinen behandelt werden. Daher wäre es ein gemeinsames Ziel, dass Zitate wie das folgende zur Norm werden (vgl. mobilesport.ch, 2021):

«Mein damaliger Regionalauswahltrainer hat sich nicht bloss für mich als Athletin, sondern auch für mich als Person und mein Umfeld interessiert. Das habe ich sehr geschätzt.»

Ein fürsorglicher Beziehungsaufbau zu den eigenen Athleten und die Förderung ihrer psychischen Gesundheit erhöht die Wahrscheinlichkeit ihres sportlichen Durchbruchs und verschafft euch somit einen erheblichen Wettbewerbsvorteil (vgl. McShan et al., 2023).

Es folgenden 3 praktische Tipps, um die Beziehung zu Deinen Athleten zu verbessern und jeden von ihnen zur Top-Performance zu bringen.

3 Tipps für eine bessere Trainer-Athleten-Beziehung

In der Welt des Leistungssports spielt Kommunikation eine entscheidende Rolle, um sportliche Höchstleistungen zu erreichen und die Trainer-Athleten-Beziehung zu vertiefen.

 

1) Rapport: Die Kunst der Verbindung

Die Fähigkeit, eine vertrauensvolle Verbindung zu Athleten herzustellen, ist essenziell, um als Trainer erfolgreich zu sein. Dafür ist der Aufbau von «Rapport» eine bewährte Technik. Rapport bedeutet, eine Beziehung aufzubauen, die auf Vertrauen und Respekt basiert. Folgende Anhaltspunkte:

  • Spiegelung: Durch das bewusste Beobachten und Spiegeln von Körpersprache, Gestik und Worten Deiner Athleten entsteht ein gegenseitiges Angleichen (Synchronizität). Dies fördert ein Gefühl der Einheit und des Verständnisses. Man kann dies nonverbal tun, indem man z. B. die Körperhaltung, die Arme und Stimmlage seinem Gegenüber angleicht. Verbales Spiegeln erreicht man, indem man ähnliche Worte benutzt und ähnliche Sätze wie sein Gegenüber bildet.
  • Gemeinsame Werte betonen: Trainer können zudem durch das Hervorheben gemeinsamer Werte eine tiefere emotionale Verbindung schaffen.

 

2) Fragetypen: Das Gespräch vertiefen

Die Art der gestellten Fragen spielt eine entscheidende Rolle bei der Qualität der Kommunikation. Es gibt verschiedene Fragetypen, die den Dialog vertiefen und dazu beitragen, eine umfassende Sichtweise auf die Athleten zu gewinnen.

  1. Offene Fragen: Diese fördern ausführliche Antworten und erlauben Athleten, ihre Gedanken und Gefühle ausführlich zu teilen. Das stärkt die Offenheit im Dialog. Offene Fragen beginnen z. B. mit folgenden Frageworten: wer, was, wo, wie, wann usw.
  2. Erforschende Fragen: Diese Fragen laden dazu ein, tiefer in bestimmte Themen einzutauchen und ermöglichen es Athleten, ihre Perspektiven und Erfahrungen zu reflektieren. Ein Beispiel dafür wäre: „Du hast gesagt, dass … . Kannst Du das näher ausführen?
  3. Skalierungsfragen: Durch die Aufforderung, auf einer Skala von 1 bis 10 bestimmte Aspekte zu bewerten, erhalten Trainer Einblick in die individuelle Wahrnehmung ihrer Athleten. Das ermöglicht eine präzise Anpassung des Trainings. Athleten fühlen sich dadurch näher verstanden und berücksichtigt, zum Beispiel durch die Frage: „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie anstrengend fandest Du die Übung?
  4. Zukunftsorientierte Fragen: Zukunftsorientierte Fragen dienen dazu, Athleten anzuregen, ihre Zukunft und ihre persönlichen Ziele zu formulieren und fördern dabei nicht nur die Motivation, sondern ermöglichen auch eine gezieltere Betreuung. Anstatt zu fragen „Wieso hast Du den Fehler gemacht?“ könnte gefragt werden „Was kannst Du nächstes Mal machen, um den Fehler zu vermeiden?
  5. Um eine motivierende Kommunikation zu Deinen Athleten aufrechtzuerhalten, vermeide geschlossene und suggestive Fragen. Geschlossene Fragen verleiten dazu, kurze und knappe Antworten zu liefern (à la „Ja“ oder „Nein“), ohne die tatsächlichen Beweggründe oder Überzeugungen dahinter auszuführen. Suggestivfragen produzieren häufig voreingenommene Antworten, indem sie der befragten Person vorgefertigte Antwortmöglichkeiten in den Mund legen.

 

3) Individualisierte Profile: Der Schlüssel zur Optimierung der Trainer-Athleten-Beziehung

In der modernen Welt des Leistungssports werden digitale Tools immer wichtiger. Zur Spielanalyse und Leistungsaufzeichnung (Performance-Tracking) finden Tools bereits zunehmend Anwendung. Doch wenn es um die Optimierung der Trainer-Athleten-Beziehung geht, wird das Potenzial bisher nicht ausreichend ausgeschöpft.

Durch die Nutzung von Technologien können Trainer individualisierte Profile ihrer Athleten erstellen. Solche Profile ermöglichen eine tiefe Einsicht in Persönlichkeitsmerkmale, persönliche Werte, Leistungsmotive und individuelle Ziele.

Wir empfehlen wissenschaftlich fundierte Tools, Apps oder Programme. Das Internet bietet nämlich zahlreiche kostenlose Möglichkeiten der Profilerstellung an. Aber nur mit entsprechend anerkannten Instrumenten kannst Du darauf vertrauen, dass sie das messen, was sie versprechen.

Vorteile digitaler Profile für Dich als Sporttrainer:

  1. Besseres Verständnis: Durch die Sammlung und Analyse von Daten kannst Du Dir ein umfassendes Bild Deiner Athleten machen. Ein solches Verständnis erstreckt sich über sportliche Fähigkeiten hinaus und umfasst persönliche Präferenzen, Ängste und Motivationen.
  2. Zielgerichtetes Coaching: Die Erstellung individueller Profile ermöglicht es Dir, gezielt auf die Bedürfnisse Deiner Athleten einzugehen. Ob es um die Gestaltung spezifischer Trainingseinheiten geht, oder um die mentale Unterstützung oder taktische Anpassungen, Dein Coaching wird dadurch präziser und effektiver.
  3. Stärkung des Vertrauens: Deine Athleten spüren, dass Du Dich nicht nur um ihre sportliche Entwicklung, sondern auch um ihre persönlichen Belange kümmerst. Dies stärkt ihr Vertrauen in Dich und fördert ein unterstützendes und achtsames Umfeld.

Persönlichkeitsmerkmale im Fokus

  1. Persönliche Werte: Tools wie das «9 Levels of Value Systems®» können Dir Aufschluss über die individuellen Wertvorstellungen Deiner Athleten geben und bilden somit eine gute Grundlage. Weisst Du zum Beispiel, dass Flexibilität für jemanden von fundamentaler Bedeutung ist, kannst Du Dein Training so gestalten, dass es genau dieser Wertvorstellungen entspricht – statt monoton immer wieder dasselbe und in gleichem Ablauf mit ihm zu machen.
  2. Leistungsmotive: Eine Kenntnis über die Leistungsmotive Deiner Athleten ermöglicht es Dir, Anreize zu schaffen, die an der Grundstruktur ihrer Denkweise ansetzen. Ist Dir bekannt, dass jemand Anerkennung als ausgeprägtes Leistungsmotiv hat, kannst Du dies in Eurer Kommunikation berücksichtigen und somit ihre intrinsische Motivation stärken. Das Reiss Motivation Profile® bietet hierfür eine geeignete Metrik.

Resümée

Wenn Du diesen Artikel als Trainer gelesen hast, betrachte Deine Rolle durch die Brille der Entwicklungspsychologie. In der Betreuung von Athleten geht es nicht nur um den sportlichen Erfolg. Es geht auch um die Beziehung zu Deinen Athleten, ihre individuellen Bedürfnisse und um die ganzheitliche Förderung ihrer Persönlichkeit.

Der Artikel beleuchtete die 8 Entwicklungsstufen eines Menschen als Grundlage für ein erfolgreiches Trainer-Athleten-Verhältnis. Die dargelegten Entwicklungsphasen bieten eine bewährte Orientierung, um die Einzigartigkeit Deiner Athleten zu verstehen und sie in ihrer Entwicklungsphase und Bedürfnisse besser zu verstehen und einzuschätzen.

Die Bedürfnisse zwischen dem 13. und 19. Lebensjahr sind anders, als die von 6- bis 12-Jährigen. Bei 13-Jährigen spielen Vorbilder und Idole eine wichtige Rolle. Bei 6-Jährigen ist die Durchführung erreichbarer Aufgaben und Übungen wichtig, die mit entsprechender Anerkennung und Lob zu unterstützen sind.

Du schaffst mit der Anwendung der Entwicklungsphasen ein Umfeld, das die psychische Gesundheit Deiner Athleten fördert und gleichzeitig ein solides Fundament für sportliche Höchstleistung schafft. Zahlreiche Studien belegen, dass eine gute psychische Gesundheit von Athleten eine Grundvoraussetzung für sportlichen Erfolg ist.

Deine Kommunikation ist der Schlüssel, das Tor und die Tür für eine unmissverständliche Zusammenarbeit öffnet. Es geht im Sport nicht in erster Linie darum, Befehle zu erteilen, sondern eine Verbindung herzustellen.

Es gibt viel nützliche Werkzeuge, um die Verbindung zu Deinen Athleten zu vertiefen: Baue Rapport auf (d. h. achte auf bestimmte Worte und auf die Körpersprache), stelle offene Fragen, erforsche ihre Gedanken und lass auch Deine Athleten ihre Gedanken erforschen. Vermeide dabei geschlossene und suggestive Fragen – damit bekommst Du nicht nur Antworten, sondern ein Verständnis für ihre Welt.

Des Weiteren bieten moderne Technologien einen wertvollen Zusatz, um die Zusammenarbeit mit Deinem Schützling zu vertiefen. Nutze sie, um individualisierte Profile Deiner Athleten zu erstellen. Gehe über die sportliche Entwicklung hinaus und entdecke ihre persönlichen Werte, Leistungsmotive und individuellen Ziele. Das schafft Möglichkeiten, um Trainings gezielter umzusetzen.


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